2. Oktober 2019

DIQ: Symposium zum Techniktransfer aus dem Motorsport in die Serie

Der Praktiker und die Nordschleife

Der Motorsport als Impulsgeber

Entwicklung und Erprobung für die Serie

 

Das Deutsche Institut für Qualitätsförderung e. V. (DIQ) hatte zu seinem bereits neunten Symposium nach Magdeburg eingeladen. Der Techniktransfer aus dem Motorsport in die Serienproduktion von Fahrzeugen war das Thema. Ob dies wirklich so ist oder ob es doch letztendlich um reinen Sport und Spaß geht – darauf versuchte das Symposium eine Antwort zu geben.

Peter Schuler, der Präsident des DIQ, begrüßte die zahlreichen Interessierten. Er gab einen kurzen Überblick über die immer umfangreicher werdenden Aufgaben und Arbeitsfelder des Qualitätsinstitutes und die ständig steigenden Anforderungen. Dass das Thema des Symposiums von kompetenter Seite bearbeitet werde, so Schuler, zeige die hochklassige Riege der Referenten.
Mit einem Einstieg in das Thema begann Professor Dr.-Ing. Harald Bachem, der Leiter des Symposiums, seine Moderation. Professor Dr.-Ing. Bachem lehrt und forscht an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfsburg und ist Vorstandsvorsitzender des Wolfsburger Instituts für Forschung, Innovation und Technologietransfer. Er gab einen kompakten Überblick über die verschiedenen Klassen im Pkw-Rennsport, die immerhin vom seriennahen Cup-Fahrzeug bis hochtechnischen Sportprototypen reichen. Den Motorsport als Marketinginstrument ließ er auch nicht unbeachtet. So sei es erwähnenswert, dass nach der Umbenennung des Formel-1-Teams in McLaren-Mercedes die Absatzzahlen bei Daimler rasant anstiegen. Die Rennsporttechnologie von gestern, so Professor Bachem, sei häufig in Form einer Evolution die Serientechnologie von morgen. Als Beispiele führte er etwa die Benzin-Direkteinspritzung oder die Hybridtechnologie an. Auch die konsequente Elektrifizierung werde seit einigen Jahren im Motorsport vorangetrieben. Überhaupt sei die Energieeffizienz das Gebot der Stunde. Entwicklungsmethoden „entwickeln“ – auch das gehört in den Motorsport und die Serienfertigung. Doch auch die Kehrseite ließ er nicht unbeleuchtet. Erschwerend auf den Technologietransfer in die Serie wirken sich beispielsweise der immense Kostendruck, Restriktionen der Anlagentechnik oder umfassende Anforderungen bei den Zulassungsanforderungen aus. Auch das Thema automatisiertes Fahren wurde angeschnitten. Die Einleitung von Professor Bachem ließ ein spannendes Symposium erwarten.

Ein echter „Praktiker“ in Sachen Motorsport stand am Anfang der Rednerliste. Christian Menzel, Motorsportler mit Leib und Seele, wohnhaft unmittelbar am Nürburgring und mit jeder Menge Rennkilometern in unterschiedlichen Fahrzeugen. Vor allem die Nordschleife des Nürburgring ist sein Betätigungsfeld. Er berichtete sehr unterhaltsam über den Werdegang hin zu seinem Traumberuf Rennfahrer. Dabei schilderte er sehr eindrucksvoll, wie etwa die Technik in einem Rennfahrzeug angepasst und schnell geändert werden muss. Dabei gehe es auch um die Serie, denn die Erkenntnisse, die unter Extrembedingungen gewonnen würden, fänden dort Eingang. So sagte Christian Menzel, dass die heutigen Straßensportwagen sehr nahe am Rennsport seien. Dies sei ein Beweis für den permanenten Techniktransfer zum Serienfahrzeug. Seine These: Für die Rennerfolge und die in der Serie müssen Menschen zusammenarbeiten, sich ergänzen und dann ein „Gesamtpaket“ in Sachen Optimierung abliefern.

Sportlich-technisch wurde es dann bei Hartmut Diel. Er ist seit 1993 bei Audi Motorsport zuständig für die Motorenentwicklung. Zu seinen Projekten gehörten bisher etwa das V8-Triebwerk aus der „alten“ DTM der Jahre 1990 – 1993, vor allem aber die TDI-Dieseltriebwerke der erfolgreichen Audi-Prototypen für das legendäre Rennen in Le Mans. Von 2006 bis 2016 war Audi auf der Kultrennstrecke in der Sarthe unterwegs. Hartmut Diel sieht Le Mans als „Effizienztreiber im Motorsport“, wie er sagt. 13 Siege mit Audi hat er dort zu verzeichnen. Es ging vom 8-Zylinder über 12- und 10-Zylinder hin zum V6, vom Benzinmotor über Diesel zum Diesel-Hybrid. Dabei war die Energieausbeute und damit verbunden die Treibstoffersparnis mit eines der formulierten Ziele. Hartmut Diel gab einen sehr konkreten Überblick über die Maßnahmen, mit denen dies erreicht wurde. Im Laufe der Jahre sei es gelungen, eine Verbesserung der Energieeffizienz, also eine Einsparung, von fast 50 Prozent bei gleicher Performance zu erreichen. Und natürlich, so Diel, schauten die Kollegen aus der Serienentwicklung immer wieder vorbei und waren sehr interessiert. Audi Motorsport, so der Motorenentwickler, sei Teil der technischen Entwicklung von Audi.

Christoph Weber ist bei der Volkswagen AG für alle Fahrwerksumfänge in der e-mobility-Baureihe verantwortlich. Er stellte den sogenannten Modularen Elektrifizierungsbaukasten von Volkswagen vor. Wie man inzwischen weiß, hat sich VW ja der Elektromobilität verstärkt zugewandt. Volkswagen will, so Christoph Weber, die e-Mobilität für die Straßenserie erschwinglich machen. „Nicht nur Millionäre sollen elektrisch fahren können“, so Weber. Profitabel soll die e-Mobilität natürlich auch sein, denn nur so wird es zu mehr Fahrzeugen auf unseren Straßen kommen. Drei Problemkreise zeigt der Techniker auf, die die e-Mobilität derzeit noch unattraktiv erscheinen lassen: Der Preis, die Reichweite und die Infrastruktur. Alle drei Bereiche wurden von Volkswagen im Rahmen der Entwicklung des Baukastens addressiert, eine Gesamtentwicklung mit Einbeziehung aller Komponenten war das Ziel. Technisch wird das Fahrzeug um die Batterie herumgebaut. Danach richten sich alle weiteren Konstruktionsmerkmale. Überhaupt wird der Batterie viel Aufmerksamkeit gewidmet. So soll die erstmals eingesetzte neue Kühlung der Batterie für den einfacheren Einsatz auf der Langstrecke sorgen. Insgesamt werden die Fahrzeuge aus dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten in allen Belangen, vom Design bis zur intelligenten Vernetzung, entwickelt.
Martin Flick und Daniel Pitsch vertraten auf dem Symposium die Rennsportentwicklung von thyssenkrupp Bilstein. Vor allem das letzte Wort im Firmennamen steht für die Entwicklung und das Know-how im Bereich Fahrwerk. Martin Flick gab als Motorsportchef bei Bilstein einen kurzen historischen Überblick über die Technologie des Unternehmens, mit den Highlights im Motorsport. Der Porsche 953 und später 959 fuhren in den 80er Jahren bei der Paris-Dakar mit Bilstein-Dämpfern. Über die Anforderungen dieser Rallye braucht man nichts weiter zu sagen. In der Formel 1 kam ein System zum Einsatz, das hydraulisch zusätzlich zur Dämpfkraft die Fahrzeughöhe anpassen konnte. In der Corvette, im Ferrari Mondial und im AMG Mercedes fanden die Systeme dann Anwendung in der Serie. In modernen und sportlichen Autos findet man eine Fahrwerksverstellung hin zu Comfort, Medium oder Sport, so Daniel Pitsch. Hier ist Bilstein ebenfalls tätig in der Entwicklung und Produktion solcher Systeme. Auch einen Überblick über die eingesetzten Materialien lieferte der Referent. Ein Materialmix, etwa hochfester Edelstahl und Leichtmetall, bestimmt heute die Produktion. Aus Simulationen werden Optimierungen im Hinblick auf Material, Gewicht und Bauraum abgeleitet. Der praktische Teil umfasst dann die Abstimmung in Sachen Fahrkomfort, Performance, Über- und Untersteuern sowie Aerodynamikeinflüsse. Die Komplexität im Fahrwerksbau wurde im Vortrag mehr als deutlich.

Dr. Ludwig Vollrath, der die Formula Student Initiative im Jahr 2004 in Deutschland initiiert hat, berichtete dem DIQ-Symposium von dem zwischenzeitlich etablierten Format. Sie ist ein internationaler Konstrukteurswettbewerb für Studenten. Es werden zwar Rennfahrzeuge gebaut, aber es ist keine Rennveranstaltung. Fachliches Wissen, wirtschaftliches Denken, viel Engagement und die Bereitschaft zu neuen Herausforderungen werden verlangt. Gefordert, aber auch gefördert werden eine ganzheitliche Betrachtungsweise, Teamfähigkeit, Delegationsfähigkeit und die Bereitschaft, sich immer neuen Herausforderungen zu stellen. Entwerfen, konstruieren, bauen innerhalb eines Jahres – ein einsitziger Prototyp eines Rennwagens als Basis für eine fiktive Serie von 1000 Fahrzeugen steht am Ende der Bemühungen. Der Kreativität ist, bis auf wenige sicherheitsrelevante Vorgaben, freier Lauf gelassen. Die Anforderungen aus dem Lastenheft sind technische Spezifikationen, Herstellungskosten, Verbrauch und Emissionen, Sicherheit und gute Fahreigenschaften in Sachen Bremsen, Beschleunigung und Handling. Die jeweils 20 bis 50 Studenten eines Teams kommen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen, die Zusammenarbeit ist organisiert wie bei einer Firma. Die Belohnung und der Spaß kommen dann bei der Rennveranstaltung, erst im nationalen und dann im internationalen Vergleich. Dr. Ludwig Vollrath sieht in der Formula Student eine hervorragende Möglichkeit der Förderung des Ingenieursnachwuchses.

Der Leiter des DIQ-Symposiums, Professor Dr.-Ing. Harald Bachem, zog eine positive Bilanz der Veranstaltung und lud bereits zur Jubiläumsveranstaltung im kommenden Jahr ein. Sein Dank galt allen Beteiligten.

Verabschiedet wurden die interessierten Zuhörer des Symposiums von Dipl.-Ing. Thomas Koch, dem Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Qualitätsförderung e. V. Er bedankte sich für das Interesse und die Mitarbeit und lud ebenfalls ein für das nächste Jahr, wenn das 10. DIQ-Symposium stattfindet.

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