Das 2. Symposium des Deutschen Instituts für Qualitätsförderung e. V., kurz DIQ, beschäftigte sich in Bonn mit dem Thema Sicherheit in Omnibussen. Die Reise mit dem Bus gilt zwar als sehr sicher, doch immer wieder sorgen spektakuläre Unfälle mit Toten und Verletzten für Aufsehen. Was tun die Hersteller für den Schutz der Insassen, wie resolut kontrolliert die Polizei die Busse, und worauf muss ein Busunternehmer aus juristischer Sicht in seinem Gewerbe achten? Was sagen die Statistiken zu Unfallursachen und Wirkung im gewerblichen Personenverkehr und was sagt der Verband der Omnibusunternehmer zum Thema Sicherheit in seinen Betrieben? Und wie effizient sind moderne Busse im Bezug auf Energie und Umwelt? Auf alle diese Fragen gab es kompetente Antworten für die zahlreich erschienenen Zuhörer des 2. DIQ-Symposiums. Das Grußwort sprach Dr. Walter Eichendorf, der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e. V. (DVR).
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In den letzten Wochen gab es zum Thema Omnibusverkehr einige interessante Informationen. So veröffentlichte das Statistische Bundesamt die Zahl von 10 bei Busunfällen in Deutschland getöteten Menschen. Dem gegenüber standen laut den Statistikern 1.986 Tote bei Pkw-Unfällen. Damit machen die Opfer im Omnibusverkehr 0,25 % im Unfallgeschehen auf unseren Straßen aus. Hinter jeder dieser blanken Ziffern stehen Schicksale, das sollte man nicht verkennen. Dennoch wird signalisiert, dass Bus fahren eine sichere Fortbewegungsmöglichkeit ist. Wenn man die ebenfalls vom Statistischen Bundesamt ganz aktuell veröffentlichten Zahlen der im ersten Halbjahr 2012 von Omnibussen beförderten Personen sieht, ist das auch so. 2,7 Milliarden Menschen nutzten von Januar bis Juni 2012 den Bus als Nahverkehrsmittel, eine Million Personen gingen auf eine Fernreise. Die Zahlen im Nahverkehr stagnieren leicht, beim Fernverkehr verzeichneten die Statistiker ein Plus von 10,3 % gegenüber dem Vorjahr. Hier dürfte noch Potential nach oben möglich sein, denn eine wenige Tage alte Meldung des Bundesverkehrsministeriums kündigt den Fall des Bahnmonopols für Fernreisen an. Das heißt, dass auch Busunternehmen in Zukunft, im Wettbewerb zur Bahn und ihren Mitbewerbern, Fernreiselinien bedienen können.
Ebenfalls aktuell ist auch ein Urteilsspruch des gern zitierten Oberlandesgerichtes Hamm. Es hatte einer bei einer Busfahrt verletzten Frau Schmerzensgeld zugesprochen, allerdings eine 30-prozentige Mitschuld erkannt. Die Frau war nicht angeschnallt, man habe nicht von Seiten des Buspersonals darauf hingewiesen. Das Oberlandesgericht Hamm stellte jedoch fest, dass auch im Reisebus eine allgemeine Anschnallpflicht gelte – auch ohne gesonderten Hinweis.
Es gab somit ausreichend Diskussionsstoff rund um das Thema Omnibus. Mit der Riege seiner hochklassigen Referenten kam das 2. DIQ-Symposium in Bonn zum Thema Sicherheit in Reisebussen also gerade zum rechten Zeitpunkt.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Qualitätsförderung, Peter Schuler, begrüßte die Anwesenden und bot einen Einblick in die Aufgaben und Tätigkeiten des DIQ. Er betonte die Präferenz der Verkehrssicherheit innerhalb dieser Arbeit und hatte zum Thema Sicherheit in Omnibussen aktuelle Informationen als Einstieg in das Thema parat.
Das Grußwort zum 2. DIQ-Symposium kam vom Präsidenten des Deutschen Verkehrssicherheitsrates e. V., Dr. Walter Eichendorf. Er verwies insbesondere auf den Faktor Mensch bei der Sicherheit im Omnibusverkehr. „Das vorausschauende Denken und Handeln ist für Fahrer von Reisebussen unverzichtbar. Fahrgäste sind deshalb bei einem Fahrer am besten aufgehoben, der gar nicht erst in gefährliche Situationen gerät. Deshalb lernen die Teilnehmer im Sicherheitsprogramm Reisebus des DVR und seiner Mitglieder, Risiken des Straßenverkehrs richtig einzuschätzen, um Gefahren besser erkennen und vermeiden zu können. Das ist im Sinne unserer Strategie ‚Vision Zero – keiner kommt um, alle kommen an‘ ein wichtiger Beitrag, die Sicherheit auf unseren Straßen zu erhöhen“, so Dr. Eichendorf.
Der Leiter des 2. DIQ-Symposiums, Professor Dr. Peter König von der Fachhochschule Trier, ging mit seiner Einführung in das Thema Omnibusverkehr auf die Vorreiterrolle der deutschen Automobilindustrie bei der Sicherheitstechnologie ein. Er verwies jedoch auch auf eine ganze Reihe offener Punkte, die wir selber noch in unserer Gesetzgebung und der politischen Infrastruktur angehen müssen, um Staaten wie China oder Indien, in denen die Menschen mit enormer Geschwindigkeit mehr individuelle Mobilität fordern, ein Vorbild sein zu können. Zentrale Themen sind dabei ebenso wie in der bereits wegweisenden Pkw-Industrie die Effizienz und Umweltfreundlichkeit und natürlich auch die Sicherheit. Das 2. DIQ-Symposium vermittelte hier den aktuellen Stand rund um die Fragen des gewerblichen Personenverkehrs und ebenso einen Blick in dessen Zukunft.
Bastian Roet sprach für den Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e. V. (bdo). „Sicherheit entsteht immer aus dem Zusammenspiel von Fahrer, Fahrzeug und der Organisationen. Wenn dieses Dreieck der Sicherheit ein etablierter Teil der Firmenkultur ist, werden Risiken erkennbar und damit auch vermeidbar“, so Roet. Der Bus ist mit Abstand das sicherste Verkehrsmittel auf der Straße, so der Vertreter des bdo. Damit dies auch so bleibt, arbeiten die deutschen Busunternehmen kontinuierlich an all diesen Punkten. Die Institutionen der technischen Überwachung sowie der Aus- und Weiterbildung der Fahrer sind hier die wichtigsten Dialogpartner der Unternehmen, so Bastian Roet.
Juristische Fragen und Probleme im Bezug auf den Omnibusverkehr beleuchtete Rechtsanwalt Karl-Hermann Lauterbach in seinem Referat. Dabei ging es um die Dinge die im Bereich der Prävention beachtet werden müssen, also etwa das Vorhandensein der vorgeschriebenen Sicherheitseinrichtungen. Ein wichtiges Thema seines Vortrages war auch die Einhaltung von Lenkzeiten und die Vorschriften für den Fahrer eines Omnibusses. Hoch interessant für die Zuhörer des DIQ-Symposiums waren aber auch die Ausführungen des Rechtsanwaltes zu Strafprozessen die er begleitet hat. Dabei zeigte sich die große Bandbreite, die die Rechtssprechung ja sowieso, aber speziell im Bereich des gewerblichen Personenverkehrs zu bieten hat.
Karl-Heinz Brüggemann ist Leitender Polizeidirektor bei der Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim, Lingen/Ems. Er gab den Zuhörern des 2. DIQ-Symposiums einen Einblick in die Kontrolle des gewerblichen Personenverkehrs als Schwerpunkt polizeilicher Arbeit. Vor allem die Unfallursachen im Omnibusverkehr wurden hier deutlich dargestellt. Der Crash mit dem vorausfahrenden Fahrzeug, in der Vielzahl ein ungebremstes Auffahren auf das vorausfahrende Fahrzeug, steht hier ganz vorne. Oft bremsten die Fahrer nur mit einem Teil der maximalen Verzögerung, sie standen nicht fest genug auf der Bremse. Auch die Kriminalität im gewerblichen Personenverkehr wird von der Polizei kontrolliert. Hier hatte Karl-Heinz Brüggemann einige Beispiele parat, etwa als es um geheime Zusatztanks ging oder versteckt im Bus geschmuggelte Personen.
Alexander Berg von der Sachverständigenorganisation Dekra hatte sich speziell die passive Sicherheit in Reisebussen zum Thema gemacht. Er stellte den Zusammenhang zwischen den aktuellen Unfallstatistiken, den Risikogrößen und den typischen Unfallszenarien deutlich dar. Sein Überblick über die Entwicklung der technischen Maßnahmen und der dazu durchgeführten Tests fesselten die Zuhörer. Vor allem die Crashtests zum Thema Strukturfestigkeit des Aufbaus aber vor allem auch zur Funktion moderner elektronischer Fahrassistenzsysteme oder zum Einbau leistungsfähiger Rückhaltesysteme fanden viel Aufmerksamkeit. Für Alexander Berg ist auch die weitere Steigerung der Gurtanlegequote ein wichtiger Punkt zur Eindämmung der Folgen schwerer Busunfälle.
Die Effizienz moderner Reisebusse in Sachen Energie und Umwelt war das Thema von Lutz Steiner (Volvo Busse Deutschland GmbH). „Ein Fahrgast im Bus, das ist Verschwendung. Ein im Idealfall mit 50 Personen besetzter Bus ist gegenüber dem Individualverkehr ein echter Sparmeister in Sachen Treibstoff und Schadstoffausstoß“, so der Volvo-Mann. Er verwies aber darauf, dass die Busse inzwischen an Größe und Gewicht zugenommen hätten und die vielen Aggregate, die die Busreise so angenehm machten, aus einer Energiequelle gespeist würden – dem Dieseltank des Busses. Hier gelte es die Hilfsmittel, etwa die Klimaanlage, so passgenau wie möglich zu planen und auf die Bedürfnisse genau abzustimmen. Was hier in Zukunft gehe, sei es bei der Hybrid- oder der Retardertechnik, erläuterte Lutz Steiner den Zuhörern des 2. DIQ-Symposiums.
Für Gerhard Stangl von MAN war der Leistungsgrad moderner Technik in Bussen das Thema. Details wie Bremsassistent, Abstandsregler oder Stabilisierungsprogramme der nächsten Generation erregten die Aufmerksamkeit der Zuhörer. Auch die Pläne von MAN, das Cockpit der Busse für ein stressfreies Fahren zu gestalten, erläuterte Gerhard Stangl. Die Besucher des 2. DIQ-Symposiums erfuhren auch, dass sich hinter dem Begriff Comfort Drive Suspension eine verstellbare Dämpfung des Busses verbirgt. Sie sorgt für eine maximierte Fahrzeugsicherheit, aber auch für mehr Fahrkomfort. Dass dadurch auch weniger Verschleiß, etwa bei den Reifen, erzeugt wird, ist ein angenehmer Nebeneffekt. Beeindruckend waren auch die Darstellungen der entsprechenden Crash- und Testverfahren für die passive Sicherheit der Busse. Sie reicht vom Frontalcrash des Gesamtfahrzeuges bis hin zur Prüfung der Sitzverankerung, so Gerhard Stangl.
Buchautor Burkhard Köhler, im Hauptberuf Polizeibeamter in Berlin, gab im Pressegespräch beim DIQ-Symposium einen Einblick über technische Mängel an Omnibussen. Vor allem Wartungsmängel an den Bussen sieht Köhler als Sicherheitsrisiko. Im Rahmen seiner Tätigkeit hat der Polizeibeamte von 2006 bis 2011 bei sogenannten Unterwegskontrollen 1.040 Nutzfahrzeuge gesichtet und überprüft, davon seit 2009 235 Busse. Beanstandet wurden dabei Mängel wie etwa Betriebsmittelverluste, vor allem im Bereich heißer Motorteile. Burkhard Köhler wies in seinem Vortrag mehrfach auf die enorme Brandgefahr im Bus durch solche Mängel hin. Mängel am Fahrwerk, etwa durch ausgeschlagene Lenkungsteile oder defekte Luftfederungen, waren ebenso häufig wie nicht tadellos funktionierende Bremsanlagen und Lenkungen. Für den erfahrenen Polizeibeamten ist vor allem die scheinbare Sorglosigkeit, mit der Unternehmer und Fahrer defekte Busse auf die Straße bringen ein Thema. Technische Mängel, hauptsächlich basierend auf fehlender Wartung, sind die eine Seite der Medaille, so Köhler. Der enorme Konkurrenzdruck der auf Busunternehmern und Fahrern lastet, ist die andere Seite. Hier sollten, im Sinne einer verbesserten Verkehrssicherheit, dringend Lösungen gesucht werden.
„Wie wir gelernt haben, befinden sich die Busunternehmer in einem schwierigen Umfeld. Angesichts der anstehenden Änderungen im Personenbeförderungsgesetz fehlt ihnen eine Perspektive, Investitionen werden aufgeschoben, die aktuell im Einsatz befindlichen Busse länger genutzt“, so ein erstes Fazit von Professor Dr. Peter König, dem Leiter des 2. DIQ-Symposiums. Das darf aber nicht dazu führen, dass die Wartung vernachlässigt wird. Es ist auf dem Symposium von Fahrzeugen in katastrophalem Zustand berichtet worden, deren Halter ihre Kunden bewusst einem extremen Unfallrisiko aussetzen, so Professor Dr. König.
Das DIQ sei in der Lage, hier helfend tätig zu werden. Im Bereich der Überprüfung der Verkehrssicherheit kann das DIQ Maßnahmen entwickeln und in der Praxis überwachen. Hierbei kann die besondere Situation in der Überwachung von Omnibussen natürlich berücksichtigt werden. Man habe auch erfahren, wo sich die größten Risiken im Busverkehr verbergen und wo wir mit aktiven und auch passiven Maßnahmen noch weitere Sicherheitspotentiale nutzen können. Wichtig war dabei der Hinweis, dass bei all den Anstrengungen bzgl. der Sicherheit die Effizienz nicht vergessen werden darf, der Umweltschutz und die Ressourcenschonung müssen gleichfalls im Vordergrund der Entwicklungsarbeiten sein.
Es gibt Handlungsbedarf, so Professor Dr. Peter König. Er formulierte Denkanstöße, die das DIQ-Symposium hervorgebracht hat.
Etwa für den Gesetzgeber, was die Überarbeitung unserer Vorschriften angeht, die teilweise inkonsistent und veraltet sind. Angesichts der berichteten Zustände einiger Busse wäre hier die Forderung nach einer sofortigen Nachrüstung aller Busse mit Brandmeldern überaus gerechtfertigt.
Aber auch für die Politik, die ihrerseits konsequent und langfristig in eine sicherheitsgerechte Infrastruktur investieren und Anreize für die Busindustrie bieten muss, um dort eine intensivierte Sicherheitsentwicklung zu initiieren.
Und nicht zuletzt für uns alle als Verkehrsteilnehmer, was unser eigenes Verhalten und unsere Kommunikation angeht. „Lassen Sie uns durch Gespräche und Aufklärungsaktionen die Sicherheit in Bussen in das öffentliche Bewusstsein bringen, wie wir es beim Pkw gemacht haben. Lassen Sie uns selber in Bussen regelmäßig Gurte anlegen! Wir müssen hier ein Vorbild sein und auch andere überzeugen, die vorhandenen Sicherheitssysteme zu nutzen – eine Gurtquote wie im Pkw wäre bereits eine überaus signifikante Steigerung der Sicherheit im Omnibus“, so der Schlusssatz von Professor Dr. Peter König zum 2. DIQ-Symposium mit dem Thema Sicherheit in Omnibussen.
Das DIQ ist ein interessenneutrales und fachlich unabhängiges Institut, das in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit seinen Mitgliedern konkrete Konzepte und Strategien zur angewandten Qualitätsförderung und Qualitätssicherung entwickelt und praxisnah umsetzt. Zweck und Ziele des Instituts sind die Förderung der Qualitätssicherung in Wissenschaft, Industrie, Wirtschaft und Dienstleistungsgewerbe. Die KÜS hat das DIQ mit initiiert. Die Symposien des DIQ widmen sich wichtigen aktuellen Themen mit dem Ziel der Qualitätssteigerung.
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